Unser Konzept

Formalien

Der Verein Picobello ist eine Eltern-Kind-Gruppe und baut auf einer langen Kontinuität pädagogischer Praxis auf. Er wurde 1994 gegründet. Die Eltern-Kind-Gruppe ist offen für Kinder ab drei Jahren und für „Viertquartalskinder“ bis zum Schuleintritt. Er befindet sich am Sielwall 27 in Bremen.
Bezugspersonen und Eltern sind gemeinsam für den gesamten Kindergartenbetrieb verantwortlich, sie arbeiten auf Grundlage des Konzeptes basisdemokratisch zusammen. Entscheidungsträger des Vereins sind somit die pädagogischen Fachkräfte und Eltern. Sie wählen den Vorstand und treffen sich einmal im Monat zu einem gemeinsamen Plenum. Dort werden alle wichtigen Fragen, die den Kindergarten betreffen, besprochen. Das können organisatorische Fragen, finanzielle Entscheidungen, Personalentscheidungen, ebenso wie pädagogische und inhaltliche Fragen, Anregungen oder Kritikpunkte sowie die Planung gemeinsamer Unternehmungen, Feste oder Feiern sein. Entscheidungen unterliegen dem Konsensprinzip.

Öffnungszeiten

Montags bis Freitags von 8.00 bis 16.00 Uhr und in den Ferien ein Notdienst nach Bedarf und Absprache. Es gibt eine Kernzeit von 9.00 bis 15.00 Uhr.

Kindergruppe

In unserer Kindergruppe sind 16 Kinder. Die Gruppe ist offen für Kinder aus allen Stadtteilen, allen sozialen Schichten, Kinder mit besonderen Bedürfnissen und unterschiedlichen kulturellen und religiösen Hintergründen.

GestaltungsRÄUME

Wir haben einen großen Gruppenraum, der zum Esszimmer geöffnet ist und über eine kleine Treppe den Kuschel- und Leseraum mit einschließt, sowie einen Tobe- bzw. Bewegungsraum. Dieser Raum ist eine Rückzugsmöglichkeit für die Kinder, also erwachsenenfreie Zone. Das bedeutet, dass die Erwachsenen nur auf Einladung der Kinder oder zur Unterstützung der Konfliktlösung bzw. in Notfällen in den Raum gehen. Die Kinder können sich in den Räumen frei bewegen. Die unterschiedlichen Räume, bzw. Raumnischen, bieten den Kindern vielfältige und anregende Möglichkeiten selbst organisiert zu spielen. Es gibt Verkleidungssachen, eine Puppenstube, verschiedene Bausteine, Autos, Bücher (immer wieder neue aus der Stadtbibliothek), massenweise Bastelsachen, Klettergerüst, Kuschelecke, Kissen, Decken und und und. So können die Kinder sich aussuchen, was sie machen möchten – allein oder in Gruppen – oder Angebote der Bezugspersonen annehmen. Sie können
dabei nach ihren eigenen individuellen Möglichkeiten Lernen und Erfahrungen machen, sie können zusehen, was andere tun, können sich beteiligen oder sich verstecken und sich herausziehen. Dabei steht das eigene Tun der Kinder im Vordergrund, sie entscheiden, ob und was sie tun möchten. So lernen sie sich selbständig zu organisieren.

Außengelände als Erlebnisraum

Wir haben einen eigenen Garten, der sowohl durch den Keller als auch über unseren großen Balkon erreichbar ist. Eine große Sandkiste, eine Gartenpumpe, sowie etwas Beetfläche und eine kleine Rasenfläche stehen den Kindern zur Verfügung. Häufig gehen wir aber auch zu verschiedenen umliegenden Spielplätzen, zur Kinderwildnis, in Schrebergärten von Eltern und Bezugis, an die Weser (zu Café Sand) und in die Wallanlagen. Der Weg dorthin erfordert von den Kindern, dass sie sich an (Straßenverkehrs-)Regeln halten, sie dürfen nicht einfach loslaufen, müssen zusammen bleiben, an jeder Straße warten etc. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten üben zwei bis drei Kinder Verantwortung für die Sicherheit der Gruppe im Straßenverkehr zu übernehmen. Als „Vorgehkinder“ haben sie die Aufgabe an jeder Straße zu stoppen, zu gucken, ob alle da sind und die Gruppe über die Straße zu führen. Selbstverständlich unterstützen die Bezugspersonen dabei die Kinder bei ihrer Arbeit.
Angekommen auf dem Spielplatz können sie dann los toben. Die Kinder suchen sich aus, was sie spielen möchten, ob sie klettern, im Sandkasten oder auf Gerüsten spielen oder ob sie z. B. lieber Kastanien sammeln, Zwergenhütten bauen oder in einer Gruppe fangen spielen. Ihren Fähigkeiten entsprechend (motorisch, emotional-sozial) können sie sich hier ausprobieren und Grenzerfahrungen machen (beim Klettern auf Spielgeräten, Bäumen u.a., beim Schaukeln, Seilbahn fahren, etc.). Anschließend heißt es wieder, sich aus den Aktivitäten zu lösen und gemeinsam loszugehen, um rechtzeitig zum Mittagessen zurück zu sein. Der Wechsel zwischen Freispiel und Organisation bzw. Struktur mit all seinen Regeln stärkt das Sozialverhalten. Dazu gehört: „sich auch mal zurückstellen“ und „sich an den Notwendigkeiten orientieren“.

Team

Für die Betreuung unserer Kinder sorgen vier pädagogische Fachkräfte und zur Zeit eine ehrenamtliche Mitarbeiterin (Schwerpunkt im musischen Bereich). Die Besonderheit im Team zeichnet sich durch enge, gleichberechtigte Zusammenarbeit, die Mischung von jung und alt sowie verschiedenste Qualifikationen aus.
Die fachlichen Qualitäten der Bezugspersonen (Bezugis) setzen sich zusammen aus staatlich anerkannten Elementarpädagoginnen und Erzieherinnen, Diplom-Künstlerin, Grundschullehrerin, Master of education für Inklusionspädagogik sowie handwerklichen und musischen Fähigkeiten.
Die Bezugspersonen treffen sich einmal in der Woche für mehrere Stunden als Team, um sich über die Arbeit, die Planung und die Entwicklung der Kinder auszutauschen. Welche Themen, Projekte, Interessen haben die Kinder gerade? Und jedes einzelne Kind wird gesehen, wie es sich entwickelt, wo es Hilfe und Unterstützung braucht und wie das Zusammenspiel mit den anderen Kindern ist. Dieser Austausch dient auch zur Vorbereitung der Eltern-Kind-Gespräche Zentrale Fragen sind immer wieder: Wo können die Kinder noch mehr beteiligt werden? Welche Möglichkeiten der Partizipation gibt es? Die Teamsitzung dient auch der Selbstreflexion und Selbstkorrektur. Hier ist Raum, um auf das eigene Handeln kritisch zurückzuschauen, es gemeinsam zu überdenken und gegebenenfalls Handlungsalternativen zu entwickeln. Außerdem nehmen die Bezugspersonen an Weiterbildungen teil, deren Ergebnisse allen vermittelt werden, um neue Ansätze pädagogischer Praxis in die tägliche Arbeit einfließen zu lassen. Dieser liebevolle, respektvolle und dennoch kritische Umgang miteinander ist der Nährboden für die Lebensweise in unserem Projekt und hat Vorbildcharakter für die Kinder.

Kinder

Kinder haben Rechte, die in der Kinderrechtskonvention festgehalten sind. Bei Picobello werden sie WIRKLICH ernst genommen. Kinder sind eigenständige Persönlichkeiten, die bei uns in allen sie betreffenden Bereichen mitsprechen und mitentscheiden können. Sie werden dabei nicht nur unterstützt, sondern in diesen Prozessen gestärkt für ihre Bedürfnisse einzutreten. Unser Ziel ist es, von den traditionellen Elterngesprächen hin zu einem gemeinsamen Gespräch mit einem oder beiden Elternteilen, dem Kind und dem Team zu kommen, um nicht über die Köpfe der Kinder hinweg zu entscheiden, sondern gemeinsame Weg zu finden und voneinander zu lernen. In den täglich stattfindenden Runden (Morgenkreis bzw. Aufräumrunde) übernimmt jeden Tag ein anderes Kind die Gesprächsleitung mit allen Rechten und Pflichten. Es ruft die Kinder und Bezugis zusammen, nimmt den Ablauf in die Hand, organisiert die Wahl des Spielplatzes und wird dabei von einer Erwachsenen unterstützt Kinder haben auch ein Recht auf Bewegungsfreiheit und das Recht Erfahrungen mit Gefahren zu machen. Dazu gehört z. B. Rad fahren, auf kurzen Strecken nach Absprache in einer Kleingruppe allein im Straßenverkehr unterwegs sein, auf Bäume klettern und den richtigen Umgang mit Werkzeug erlernen. Vor allem eigene Erfahrungen geben den Kindern die Möglichkeit, sich selbst und ihre Grenzen einschätzen zu lernen.

Eltern

Neben den Entscheidungsstrukturen beteiligen sich Eltern bei Bedarf oder Interesse auch immer wieder am Alltag und bringen ihrerseits Angebote oder Themen als Ideen ein. Das kann einfach bedeuten, den Kindern den Schrebergarten zum Äpfel Sammeln zur Verfügung zu stellen oder dass Eltern ihre Berufe, Hobbys, Fähigkeiten mit in den Kindergarten einbringen. Eltern bringen sich auch bei inhaltlichen und praktischen/ pädagogischen Themen mit ihren Wertvorstellungen ein. Eltern und Team stehen in engem Austausch miteinander. Über Tür- und Angelgespräche hinaus sind Einzelgespräche zwischen Bezugspersonen und Eltern/ Kindern nach Absprache jederzeit möglich. Die Eltern übernehmen wesentliche Teile der Organisation des Kindergartens. Dies beinhaltet Vereinsarbeit, Reinigung und Instandhaltung der Räumlichkeiten sowie die Organisation des Mittagessens. Dabei legen wir großen Wert auf ökologische Lebensmittel und vegetarisches Essen.

Pädagogische Grundsätze

Der Kindergarten hat einen offenen und flexiblen pädagogischen Ansatz, der sich am Individuum in seiner Einzigartigkeit, mit seinen besonderen Fähigkeiten und Bedürfnissen, orientiert. Dabei ist der Umgang mit den Kindern geprägt von gegenseitiger Offenheit. Kinder sind keine Objekte, die wir erziehen. Wir leben jeden Tag mit den Kindern einen Teil des Tages zusammen. Dabei gestalten wir diese Zeit (möglichst) gemeinsam, reden miteinander, streiten und vertragen uns, hören einander zu und äußern unsere Wünsche und Ideen, essen, trinken, spielen, lernen, wachsen miteinander – die Kinder und die Erwachsenen. Im Mittelpunkt unser Arbeit steht das Kind mit seiner Individualität, seinen Bedürfnissen und seinen Interessen, seinen Schwächen und seinen Stärken – eine eigenständige Persönlichkeit eben. Uns ist wichtig, seine körperliche, geistige und seelische Unversehrtheit zu wahren, seine Eigenheiten zu akzeptieren und seine individuellen Lebensbedingungen (Geschlecht, Ethnie, Religion, Beeinträchtigungen, soziale und persönliche Lebenslage) zu achten – nach dem Grundsatz: Alle Menschen sind gleich viel wert, keiner ist geringer oder mehr zu schätzen.

Wir sehen, dass es menschliche Bedürfnisse nach Ruhe und Geborgenheit, nach Kommunikation und Miteinander, nach Kreativität und Selbstausdruck, nach Lernen und Teilhabe an der Umwelt gibt. Dabei wollen wir die Kinder unterstützen. Wenn Menschen heranwachsen, entwickeln sie unterschiedliche Kompetenzen: sozial, emotional, sprachlich, motorisch und kognitiv. All das hat Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung und formt dadurch die Persönlichkeit. Hier wollen wir den Kindern helfend zur Seite stehen, Wege und Möglichkeiten aufzeigen, wenn sie Hilfe brauchen und ihnen Platz lassen, sich selbst zu entwickeln. Durch Handeln, Gestalten und Strukturieren wird die gesamte Persönlichkeit gefordert und somit das Vertrauen und der Umgang mit den eigenen Gefühlen und Ideen gefördert – Kinder begreifen und erleben sich selbst als handelndes Wesen.

Nach Jean Piaget sind Kinder in ihrer autonomen, schöpferischen Aktivität Akteure ihrer Entwicklung. Sie werden nicht entwickelt – sie entwickeln sich. Dabei wird jedes Kind auf seiner individuellen Entwicklungsstufe, mit seinen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Interessen ernst genommen. Es wird nicht defizitär betrachtet, sondern in seinen jeweiligen Entwicklungsschritten begleitet und unterstützt. Dabei richtet sich der Blick vor allem auf die Stärken der Kinder. Bei den „Stärken setzen wir an“, denn starke oder gestärkte Kinder lernen leichter, als Kinder, die ständig oder häufig auf ihre Schwächen, „Fehler“ und Misserfolge hingewiesen werden.
Aufgabe der Erwachsenen ist es, eine Umgebung zu schaffen bzw. zu ermöglichen, die Anregungen, Herausforderungen und Möglichkeiten bietet, damit das Kind sich weiter entwickeln kann. Es ist wichtig, die Kinder genau zu beobachten und herauszufinden, woran sie gerade Interesse haben, wo sie stehen, was sie brauchen bzw. wollen und ihnen dann eigene Wege und (Lern-)Erfahrungen zu ermöglichen. Dabei sehen wir sogenannte „Fehler“ als positiven Teil eines Lernprozesses, als Möglichkeit, sich neu zu orientieren und andere Wege auszuprobieren.
Die Bezugspersonen arbeiten kindorientiert. Sie unterstützen die Kinder in ihrer Selbsttätigkeit. Dabei soll der Kindergarten vor allem ein Ort zum Wohlfühlen sein, ein Ort der Ruhe und Bewegung, des Vertrauens und der Geborgenheit. Alle Tätigkeiten haben ihre eigene Zeit: zu spielen, Sachen zu erproben, Fehler zu machen und zu revidieren, Nichts zu tun, sich zurückzuziehen.

Wir schaffen Rückzugsräume, um sich auszuprobieren, selbstständige Entdeckungen zu machen und eigene Ideen umzusetzen. Dies beinhaltet auch Körperwahrnehmungen/-erfahrungen, sowie die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschlechtsidentität. Die sexuelle Entwicklung beginnt mit der Geburt und ist ein wichtiger Teil der Persönlichkeitsentwicklung. Kinder stehen am Anfang des sexuellen Lernens und benötigen dabei die Unterstützung ihrer Bezugspersonen. Wichtig ist uns, jeglicher Form von Körpererfahrungen einen breiten Raum im Alltag zu geben, sexuelle Aktivitäten nicht zu tabuisieren oder gar zu verbieten, jedoch darauf zu achten, dass sich die kindliche Sexualität ohne Gewalt und Grenzverletzungen durch andere Kinder oder Erwachsene in einem geschützten Rahmen entwickeln kann. Wie bei jedem Thema gilt auch in diesem Bereich, dass die Bezugspersonen und Eltern in ständigem Austausch stehen, um einen Rahmen zu schaffen, in dem alle Beteiligten mit ihren Erfahrungen gehört und ihre Befürchtungen ernst genommen werden.

Eingewöhnung

Eine besondere Phase ist die Eingewöhnung neuer Kinder. Eltern können ihr Kind so lange im Kindergarten begleiten bis es sich sicher genug fühlt, sich auf die neue Situation (neue Kinder, Bezugspersonen, Räume, …) einzulassen. Die Dauer kann sehr unterschiedlich sein. Auch Eltern brauchen Zeit, um Vertrauen zu entwickeln. Erst, wenn beide, Eltern und Kind, sich sicher fühlen, dass ihre Sorgen und Nöte ernst genommen werden, dass sie gehört und gesehen werden, können sie ein Teil der Gruppe werden. Dies ermöglicht, sich auf neue Beziehungen einzulassen. Die Bedürfnisse der Kinder können individuell besprochen werden, um den Abschied zu erleichtern (z. B. durch ein Kuscheltier oder Foto der Eltern).

Inklusion

Die Kindergruppe Picobello ist grundsätzlich offen für Kinder mit Besonderheiten/ Beeinträchtigungen.
Die Aufnahme der Kinder richtet sich jedoch nach Art und Schwere ihrer Beeinträchtigung und unseren Möglichkeiten, den Bedürfnissen des Kindes gerecht zu werden. Gegebenenfalls wird eine Sonderpädagogin eine zusätzliche Betreuung übernehmen, welche gemeinsam mit einem geeigneten Träger/einer geeigneten Institution eine kontinuierliche Fachberatung gewährleisten kann. Es ist uns wichtig, dass im täglichen Miteinander Toleranz und Solidarität beim gegenseitigen Helfen
geübt werden. Die Kinder erleben sich gegenseitig mit ihren Stärken und ihren Schwächen, ihren Möglichkeiten und ihren Grenzen. Denn alle Kinder sollen sich als „anders“ im Sinne von „besonders“ empfinden können. Ein Klima sozialer Akzeptanz hebt die Grenzen zwischen „normal“ und „anders“ auf.

Die Kindergruppe Picobello berücksichtigt die unterschiedlichsten Ausgangslagen und Lebensverhältnisse der Kinder: Alle Kinder sind gleich, was ihre Rechte auf Entfaltung und Bildung, auf Identität und Schutz angeht. Und jedes Kind ist besonders, was seine Voraussetzungen, seinen Weltzugang, seine Erfahrungen und seine Familienkultur angeht. Picobello ist es wichtig, die Entwicklung aller Kinder zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten zu fördern. Das Miteinander soll sowohl das soziale und emotionale als auch das kognitive Lernen aller Kinder fördern. Beeinträchtigung soll als ein normaler Bestandteil menschlicher Existenz erlebt werden. Alle Kinder sollen erfahren, dass „beeinträchtigt sein“ kein Mangel an Persönlichkeit ist.

„Spielen ist die Arbeit des Kindes“

Die Kinder sollen bauen, matschen, Theater spielen, singen, lärmen, leise sein, sich und andere erfahren, entdecken, verstecken, beobachten, kuscheln, miteinander reden und sich auseinander setzen, aus vollen Zügen leben können. Dabei ist uns der Aspekt „be-greifens“ besonders wichtig: begreifen kommt von greifen, von etwas anfassen. Im aktiven Anfassen, im Tun erfassen, lernen Kinder direkt ihre Umwelt kennen, nicht theoretisch, sondern ganz praktisch. Ein Kind, das spielt, lernt die Umwelt kennen und passt sie den eigenen Bedürfnissen an. Es baut, ändert, tut-so-als-ob und begibt sich so in seine Spielwelt hinein. Dabei werden die Sinnesorgane, die Motorik, die Intelligenz und die Lebensbewältigungsfähigkeit geschult. Außerdem können die Kommunikations- und Ausdrucksfähigkeit gesteigert, Kooperationsstrategien entwickelt, Phantasie und Kreativität gefördert werden. Im Rollenspiel (Vater, Mutter, Kind) werden soziale Situationen nachgespielt oder erspielt. Um in solche Spiele eintauchen zu können, bedarf es Zeit und Raum, aber vor allem die Aufmerksamkeit der Bezugspersonen, genau diese zu schaffen und dafür zu sorgen, dass die Spielflüsse nicht unterbrochen werden.

Bei Regelspielen (Kleiner Drache, schläfst Du noch?) werden Regeln gelernt und dann (zunehmend) eingehalten. Dabei gibt es Verlierer und Gewinner, beides gilt es auszuhalten. Beim Konstruktionsspiel (Bauklötze, Duplo, Kapla) wird etwas hergestellt, gebaut, die Kinder lernen, dass ein Turm umfallen kann, wenn man ihn „falsch“ baut. Außerdem wird dabei die Feinmotorik gefördert. Allerdings fühlt sich nicht jedes Kind in der Bauecke oder am Maltisch wohl, sodass es uns wichtig ist, dass sich die Erfahrungen im Bereich der Feinmotorik auch auf unterschiedliche Bereiche bzw. verschiedenes Material ausweiten. So bieten wir den Kindern z. B. die Möglichkeit, regelmäßig eine Holzwerkstatt zu besuchen. Selbstständig können sie dort unter der Einhaltung wichtiger Regeln (Wie gehe ich mit dem Werkzeug um? Wie schütze ich mich und andere vor Unfällen?) Werkzeug auswählen und ausprobieren. Beim Bauen und Konstruieren von eigenen Produkten werden sie von der Planung bis zur Fertigstellung von den Bezugspersonen begleitet und unterstützt Sie machen erste handwerkliche Erfahrungen, erleben sich selbst als schaffend und werden so in ihrer Selbstwirksamkeit unterstützt.

Beim freien Spielen im Sandkasten, im Gebüsch oder mit Erde und Steinen werden Phantasie und Kreativität geschult und die verschiedenen Materialien aus der Umwelt kennen gelernt. Durch das tägliche draußen Sein und verschiedene Ausflüge (Kinderwildnis, UhLe,…) ergeben sich die verschiedensten Anlässe für Fragen zu Phänomenen in der Natur, der Umwelt der Kinder oder im technischen Bereich. Diese erforschen wir gemeinsam und versuchen auch durch Experimente, mithilfe von Büchern und Experte_innen (z.B. durch schriftliche Anfragen) zu beantworten. Rhythmische und musische Erfahrungen können beim gemeinsamen Singen und Musizieren gesammelt werden. Nach Interessen der Kinder jahreszeitlichen Anlässen und für Feste (z.B. Laterne laufen) werden Lieder und Bewegungsspiele ausgewählt Dazu gehört auch gemeinsames Trommeln und das Ausprobieren anderer Musikinstrumente in Kleingruppen oder nach Möglichkeit auch nur mit einem Kind. Nicht nur bei musischen und rhythmischen Angeboten gibt es viele Möglichkeiten für Bewegung und Körpererfahrungen Auch draußen in unserem Garten, auf den verschiedenen Spielplätzen, beim wöchentlichen Schwimmen, in der Turnhalle und in unserem Toberaum haben die Kinder viel Raum, um sich selbst auszuprobieren. Bei solchen Anlässen wie auch vielen anderen Fragen der Kinder ergibt sich auch immer wieder die Auseinandersetzung mit Sprache und Schrift. Die Kinder wollen ihren Namen schreiben und erkennen diesen und die Namen anderer Kinder an den Garderoben und Handtuchhaken.

Mathematik begegnet uns im Alltag: Beim Backen (Mengen- und Gewichtsangaben), die Geburtstagskette wächst mit jedem Lebensjahr, der Umgang mit Geld wird beim wöchentlichen Süßigkeitenverkauf geübt, unterschiedliche Materialien laden zum Sortieren und Abzählen ein und Zahlen begegnen den Kindern in ihrer Umgebung z. B. beim Straßenbahn fahren, auf Straßen- und Autoschildern etc. Auch gesellschaftliche Themen sind allgegenwärtig, weil wir als Kindergruppe Bestandteil der Gesellschaft sind. Die Kinder bringen aus ihrem Alltag, ihrer Familie, den Medien, Reklameflächen etc. Themen mit und nehmen die Menschen in ihrer Umgebung/ im Stadtbild wahr und stellen dadurch Fragen zu den Themen arm und reich, aktuellen politischen Geschehnissen, Familienkonstellationen, Herkunft, Berufen usw.

Regeln, Rituale

Das Leben (nicht nur) von Kindern ist geprägt von Regeln und Verboten. Nicht über die Straße laufen, nicht schlagen, klettere da nicht hoch, nimm das Messer lieber nicht, steck‘ das bloß nicht in den Mund…

Regeln und Verbote bestimmen große Teile eines Kinderlebens, das gilt für zu Hause ebenso wie für den Kindergarten. Auch bei uns gibt es Regeln. Es gibt Regeln, die für alle gelten, das sind sogenannte Sicherheitsregeln. Sie betreffen das Verhalten im Straßenverkehr, den Umgang mit Messern (beim Essen oder Kochen) und mit Werkzeugen. Diese Regeln werden von Erwachsenen gesetzt, aber auch immer wieder mit den Kindern besprochen, erklärt. Wichtig ist uns dabei, dass Regeln keinen Selbstzweck erfüllen, sondern immer dem Schutz der Menschen dienen und somit sinnvoll sind. Diese Regeln werden im täglichen Miteinander gemeinsam mit den Kindern ausgehandelt. Aus aktuellen Situationen heraus können neue Regeln entstehen oder alte modifiziert oder abgeschafft werden. Dabei ist immer zu beachten, dass das Kind an erster Stelle steht und die Regel nachgeordnet ist; die Regel ist für das Kind da und nicht das Kind für die Regel. Neue Kinder lernen diese Regeln langsam, Stück für Stück, eine nach der anderen. Regeln und Rituale sind feste Punkte im Tagesablauf. Sie strukturieren den Tag, ermöglichen den Kindern, sich zu orientieren und geben damit Sicherheit und schaffen Vertrauen. Es sind individuelle Rituale möglich, die das Zurechtfinden erleichtern und zur Unterstützung dienen, sich als wichtige, ernst genommene Person zu erleben.

Grundsätzlich zielen wir auf zunehmende Autonomie, Selbstorganisation und Verantwortung der Kinder. Wir wollen, dass die Kinder sich im Kindergarten wohl fühlen, dass sie aus der Sicherheit des angenommen Seins ihre Persönlichkeit entfalten. Unser Ziel sind verantwortungsbewusste, glückliche, selbständige und selbstbewusste Menschen.

Strukturen und Regeln (verbindliche und verhandelbare)

Jahresverlauf

Jedes Jahr wird strukturiert und rhythmisiert durch sich wiederholende besondere Ereignisse. Das Kindergartenjahr beginnt im Sommer mit der Ankunft der neuen Kinder. Die „alten“ Kinder haben sich schon vorher getroffen und begrüßen die Neuen mit einem kleinen Fest. Die folgende Zeit ist vor allem geprägt durch die Eingewöhnung der neuen und den damit verbundenen Rollenwechsel der alten Kinder. Aus den kleinen sind größere und aus den mittleren ganz große Kinder geworden. Sie kennen sich hier aus und helfen und erklären den Neuen, wie der Kindergarten funktioniert. Zum Erntedankfest bringen alle Obst, Gemüse, Brot oder Säfte für ein gemeinsames Frühstück mit. Der Herbst ist eine Jahreszeit, die bei den Kindern viele Fragen aufwirft, über Wachstum und Ernte, über Winterschlaf, Schnee, Tod, Leben und Feste in anderen Kulturen. Wir greifen die Fragen und Ideen der Kinder auf, überlegen und planen gemeinsam, wie diese Themen in Angeboten oder Projekten bearbeitet werden können.

Laterne laufen, Adventszeit, Weihnachtsvorbereitungen, in dieser Phase orientieren sich die Kinder mehr nach drinnen. Das Motto für Karneval wird von allen zusammen ausgewählt. Dann Ostern, Frühling, Sommer – genau beobachten, entdeckendes Lernen passiert jetzt fast wie von selbst, wenn die Kinder die ersten Marienkäfer entdecken oder wieder mehr mit Erde und Wasser spielen. Ein Höhepunkt ist jedes Jahr die Ausfahrt mit Übernachtungen. Die Kinder lernen sich, die anderen Kinder und die Bezugsperson auch noch von anderen Seiten kennen. Aufregung, Spannung, auch Angst, sich etwas trauen, eigene Grenzen überwinden, wachsen, unabhängig werden und auf die Anderen Vertrauen können, bei Anderen Hilfe und Trost finden, das alles stärkt das Selbstvertrauen und den Gruppenzusammenhalt.

Zum Ende des Kindergartenjahres werden einige Kinder den Kindergarten verlassen. Geschenke werden gebastelt, kleine Theaterstücke o. ä. eingeübt. Auf dem Abschiedsfest bekommen die großen Kindern dann ein Fotoalbum über ihre gesamte Kindergartenzeit. Passend zu den Ereignissen singen wir Lieder, beobachten mit den Kindern, was in der Natur, mit dem Wetter, den Pflanzen, den Tieren geschieht, besprechen das mit den Kindern und greifen ihre Ideen und Vorschläge in Projekten auf.

Ausblick

Perspektivisch streben wir mit dem Kindergarten eine Kooperation und ein Zusammenschluss mit einer Freien Grundschule an. Hier können wir unsere pädagogischen Grundsätze optimal verwirklichen und unsere Praxis weiterentwickeln. Zwar soll der Kindergarten ganz Kindergarten bleiben, soll den Kindern Zeit und Platz zum Spielen lassen, gleichzeitig würden wir aber eine enge Zusammenarbeit mit der Schule anvisieren. Gemeinsame Mahlzeiten, gemeinsame Ausflüge, Sportaktivitäten und (manchmal) Besprechungen sollen stattfinden. Die kleinen Kinder können sich stärker nach „oben“ orientieren, bei Interesse beim Lesen und Schreiben reingucken, die Großen könnten ihr Wissen vertiefen, indem sie die Kleinen „unterrichten“ oder auch mal wieder klein sein, sich ausruhen, regenerieren. So wachsen die Kinder langsam in den schulischen Bereich hinein. Wir versprechen uns von einer Kooperation Bereicherungen und Synergieeffekte für alle Beteiligten.